Der Wels: Alles was du schon immer über ihn wissen wolltest

Der Wels: Alles was du schon immer über ihn wissen wolltest

Viele Mythen und Geschichten ragen sich um ihn - unser geliebter europäischer Wels, einer der größten Süßwasserfische. Doch wo kommt er eigentlich her?  Ist er wirklich ein invasiver Schädling und wie leben diese faszinierenden Tiere eigentlich?

Der Wels Fisch

Der Europäische Wels (Silurus Glanis) gehört zu der Familie der echten Welse, welcher sich vorwiegend als nacht- und dämmerungsaktiver Raubfisch fast alle heimischen Gewässern erschlossen hat und dabei eine unglaubliche Anpassungsfähigkeit beweist.

Mittlerweile ist bekannt, das der Wels ebenso im Brackwasser vorzufinden ist wie in den Mündungsbereichen des italienischen Po, des spanischen Ebro, des französischen Rhone Delta oder den Brackwasserbereichen der Ostsee.

Ein kapitales Exemplar aus dem deutschen Rhein

Welsangeln - ein neuer Trend?

Das Welsangeln (der Fisch wird vor allem im Süden häufiger Waller genannt) ist heutzutage in aller Munde. Man kann regelrecht von einem "Waller Boom" sprechen - doch wie ist es dazu gekommen?

Das moderne Wallerangeln ist keine 30 Jahre alt und wurde mit dem invasiven Besatz in Spanien am Ebro und Italien am Po auch hierzulande immer populärer. Die Technik und das Equipment wurden ausgereifter und auch das Wissen über Leben und Tot dieses Giganten, machte die Angelei erfolgreicher. Der Einzug von Carbon und Composite Materialien, bessere Ringeinlagen, geflochtene Angelschnüre ohne Dehnung und hoher Tragkraft - stabile Haken, Wirbel und weiterem Terminal Tackle verwandelten Mythen in echte Fänge.

Wie du jedoch später in diesem Bericht lernen wirst, ist der europäische Wels in Deutschland schon lange heimisch und so haben auch deutsche Gewässer, Großfische und gute Altbestände anzubieten. Heutzutage kannst du diesen mit modernem Tackle problemlos nachstellen.

Früher waren solche Fänge eher selten und meist aus der wirtschaftlichen Netzfischerei, denn geeignete Materialien um solche Fische mit einer Handrute auszudrillen gab es nicht. Zu Großvaters Zeiten, durfte man zufrieden sein mit einer störrischen 0.50 mm starken monofilen Schnur.

Eins der seltenen echte, deutschen Fangbilder aus dem Jahre 1962

Wo kommt er eigentlich her?

Als Ursprung des Europäischen Welses gilt das Wolga Gebiet, wobei dies wissenschaftlich schwer zu belegen ist. Bis zu 9000 Jahre fossile Funde aus dem erst später auf der gesamte Länge besiedelten Rhein lassen vermuten das diese Art noch sehr viel älter sein muss. Das einstige Verbreitungsgebiet erstreckte sich von Zentralasien bis Ost und Mitteleuropa.

Nachweisslich besiedelte er so natürlicherweise das Einzugsgebiet der Elbe und der Donau , mit Ausläufern ins Emsland und zum Oberrhein bis hin zum französischen Doubs. Die nördlichsten Bestände findeten sich in Süd-Dänemark, und Schweden. Im Süden zog sich die natürliche Verbreitungsgrenze zwischen der Schweiz und Frankreich über Ungarn, dem Balkan bis hin über das Nordöstliche Griechenland, dem europäischen Teil der Türkei. den gesamten Kaukasus sogar bis in den Nordiran hinein.

Der Wels ist somit einer der meistverbreiteten Süßwasserfische auf unserem Kontinent und beweist somit seine einzigartige Anpassungsfähigkeit.

Auf dieser Karte haben wir euch das einstige Einzugsgebiet kenntlich gemacht, alle genannten Länder zählen hinzu.

Invasiv? Wir glauben nicht!

Die Sensorik in Perfektion

Mit offiziellen Fängen von 270 cm aufwärts und Gewichten bis über 120 kg ist er unbestritten der König unserer süßen Gewässer. Der Wels kann über 80 Jahre alt werden und beendet bis zu seinem Ableben niemals sein Wachstum. Generell wachsen diese Tiere so stark ab, wie es ihnen die vorhandene Nahrung und die Gewässertemperaturen ermöglichen. Doch es lohnt sich diesen Giganten auch mal genauer anzuschauen und zu verstehen was ihn so erfolgreich macht:
Seine Sinne! Die Augen des Welses sind relativ klein und spielen eher eine untergeordnete Rolle, dafür sind andere Sinne umso besser ausgebildet: Geruchs-, Tast-, Geschmacks-und Hörsinn sowie elektrorezeptorische Sinne.

Der Geruchssin in den Nasenhöhlen des Welses ist äußerst gut ausgebildet und leitet die Tiere zuverlässig zu Futter, vorallem aber in Verbindung mit den anderen Sinnen.

Durch die verhältnismäßig sehr große Schwimmblase des Welses, fungiert diese mit dem knöchernd anwachsendem Weberschen Organ mit Verbindung zum Innenohr als sehr effektives Hörorgan. Hohe Frequenzen versetzen die Schwimmblase in Schwingungen und leiten diese weiter an das Innenohr durch das Webersche Organ. Genau mit diesen Frequenzen kann der Wels am ehesten die Richtung aus der die Schalwellen kommen feststellen. Doch auch die tiefen Sequenzen die vorallem über der Wasserkante herrschen, kann der Wels mit Hilfe seines Seitenlinienorgans gut erfassen.

Auf der Unterseite des Schwanzes besitzt der Wels zusätzlich das Ventrale Linienorgan. Beide Linienorgane verfügen ebenso über Elektrorezeptoren, welche instinktiv auch kleinste Kriechströme in lebenden Individiuuen erfassen.

Ergänzt werden alle diese Organe um Geschmacksrezeptoren, die süß, sauer, bitter und salzig wahrnehmen können. Sie sitzen nicht nur im Maul, sondern auch auf den fleischigen Lippen, auf den Barteln und verteilt über die Haut an Kopf und Vorderkörper. So kann der Europäische Wels schon früh beim Kontakt mit der Beute deren Geschmack testen. Die Barteln besitzen damit nicht nur einen sehr feinen Tastsinn, sondern auch eine chemische Sinneswahrnehmung.

All diese Sensoren sind wissenschaftlich belegt und solltem jeden versierten Welsangler zu denken geben. Ist es schlau seine Rutenhalter mit Gewalt am Spot einzuschlagen? Unnötige Lautstärke über Nacht? Tote Köderfische für aktiv raubende Welse im Mittelwasser? Wir lassen diese Fragen bewusst offen.

Zerfleischen können diese feinen Bürstenzähnchen zwar nicht, doch die Beute perfekt festhalten!

Wie lebt er?

Der Wels ist defintiv ein wärmeliebender Fisch, ruht den Großteil des Tages reviertreu in stömungsberuhigten Bereichen, an ufernahen Vegetationen, Krautbänken, überhängenden Ufern, Unterspülungen und anderen natürlichen Deckungen und Hindernissen. Nicht ausschließlich, jedoch vorwiegend ist er ab der Dämmerung umso aktiver und patroulliert bis in die frühen Morgenstunden an "strategisch" interessanten Abschnitten um so seine Nahrung zu jagen, einzusammeln oder lauernd zu erbeuten.

Dabei kann man davon ausgehen, das er als Raubfisch immer seiner Nahrung folgen wird.

Hierbei ist er als äußerst effektiver Predator in allen Gewässertiefen und Ebenen allgegenwärtig: Ob am reich gedeckten Speisetisch zur frühjährlichen Brassen Laichzeit im flachen Uferbereich, ganzjährig in den ausgespülten Aussenkurven, bei Brutfischansammlungen an den Krautkanten oder bei erhöhten Wasserstand in den Schwemmungsgebieten. Unser Waller kann aktiv am Grund fressen, direkt an der Oberfläche angreifen oder auch im Freiwasser auf Beutezug gehen - auch dies macht ihn zum unangefochtenen Sieger am Ende der Nahrungskette.

Und weil die Logik eines so erfolgreichen Räuber immer den Weg des geringsten Widerstands sucht, werden auch regional häufig vorkommende alternative Futterquellen nicht verschmäht. Mittlerweile ist bekannt das Welse sich genauso zu großen Teilen von Aas, Schnecken, Würmern, Insekten, Muscheln, Krebsen und Krabben ernähren können. Allgemein ist zu erwähnen das ein Wels bei zunehmender Wassertemperatur einen erhöhten Metabolismus entwickelt.

Dieser Teeny Waller macht es sich im Totholz gemütlich

Fortpflanzung und Laichzeit

Die alljährliche Laichzeit wird mit steigender Wassertemperatur eingeleitet. Frühe wissenschaftliche Abhandlungen zitieren immer wieder den Startschuss ab einer Gewässertemp. von 20-22°C über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen. Mittlerweile sprechen moderne Kenntnisse jedoche eine andere Sprache, die sicherlich auch mit den immer wärmeren und längeren Perioden im Verbreitungsgebiet einher gehen. So geht man heute davon aus das der Wels unregelmässig ab einer Gewässertemp. zwischen 17-18°C mit dem Liebesspiel beginnt, jeder Zeit abbrechen und es wieder aufnehmen kann.
Diese Temperaturen erreichen unsere Gewässer meist im Mai-Juni, regional bedingt auch ab April. Das alle Welse gleichzeitig im Laich sind und somit das Fressen einstellen ist ein Irrtum.

Innerhalb der Laichzeit sucht das Männchen einen meist ufernahen und flachen Platz auf, welcher ihm viel Schutz bietet und baut sich so ein Nest aus Schlamm und Pflanzenresten in eine zuvor sorgsam hergestellte Grube auf.

Sobald ein Weibchen das Nest mit dem Männchen auffindet und sich als kompatibel anbietet, beginnt der wilde Laichtanz. Diese kann mehrere Stunden andauern und wirkt ziemlich rabiat, wovon auch die typischen Kratzer auf der Haut der Fische zu dieser Zeit stammen.

Nach der Eiablage und dem Besamen, bewacht das Männchen sehr akribisch und aggressiv das Nest. Dabei stößt es immer wieder Frischwasser mit den Flossen zu, um ein Absterben oder Verpilzen der Eier zu vermeiden. Nach etwa 2-4 Tagen schlüpfen die ab sofort auf sich allein gestellten 3cm langen Larven und wachsen bis zum Endes des Jahres auf 20-30cm ab.

Welse werden in unseren Regionen ab spätestens dem 4. Lebensjahr geschlechtsreif und haben dabei ein Körpergewicht von cirka 2Kg, wobei die Mortalität des Nachwuchses mit steigender Lebens und Laicherfahrung der Elterntiere abnimmt.

Die Spuren der Liebe. Kratzer und Riefen bestätigen die abgeschlossene Laichzeit eines gefangenen Wels Fisches

Der Waller - ein Invasor?

Der Wels ist nun seit über 9000 Jahren fester Teil unseres natürlichen Bestands, doch scheint es ein relatives neues Phänomen zu sein, diesen mit aller Kontroversität als Schädling und Bedrohung unserer Gewässer anzuprangern.

Tatsächlich konnte bislang nicht bewiesen werden, das der Wels in seinen natürlichen Einzugsgebieten schädliche Ausmaße nimmt. Fakt ist jedoch auch, das die hiesigen Populationen durch viele Einzelfaktoren ansteigen. Daher wird davon ausgegangen das der Wels in Wechselwirkung mit natürlich und künstlich herbeigerufenen Einwirkungen  für Veränderungen innerhalb des Nahrungsnetzes im jeweiligen Gewässer mitverantwortlich sein kann. Bestandsdichten verschieben sich in einer natürlichen Art und Weise, werden jedoch nicht ausgerottet wie immer wieder gerne von "alten Hasen" behauptet wird.

Selbstverständlich nehmen wir hier keinen Bezug auf Gewässer in denen der Wels von Menschenhand zu Speise, Zucht oder Sportzwecken eingesetzt wurde oder auf gewerbliche Einflüsse. Hier sind die Probleme oft hausgeschaffen und subjektiver Art. Nicht selten sind Vereinsvorstände oder Berufsfischer voreingenommen und bewerten den Bestand als schädlich, da der große Raubfisch natürlich im Konflikt mit dem üblichen bzw. den fischereiwirtschaftlichen bedeutenden Besatz steht.

Wesentliche Faktoren für die höheren Bestände sind:

  • Die Klimaerwärmung führt zu wärmeren Sommern, dadurch kommt es häufiger zur erfolgreichen Reproduktion
  • Kühlwassereinleitungen liefern warme Refugien, von denen aus der Wels die Gewässer besiedeln kann. Sehr gut zu sehen an vielen Stellen am Rhein
  • Die Zunahme der Wasserqualität verbessert die Lebens- und Reproduktionsbedingungen
  • Durch eine Zunahme der Unterwasserpflanzen für Unterstand und Laichgeschäft sind die Rahmenbedingungen verbessert
  • Veränderungen innerhalb der Gewässer fördern den Welsbestand, beispielsweise durch das Verschwinden von Konkurrenten oder Auftauchen neuer Nahrungsquellen (z.B. Grundeln im Rhein)
  • Verstärkter Besatz führt zu einer starken Verbreitung des Welses. Die lokalen Populationen werden so groß, dass sie sich erfolgreich vermehren können.

Massive und nachweisslich negative Effekte können nur dort beobachtet werden, wo der Wels von Menschenhand eingebracht und etabliert wurde. Welse können die Fischgemeinschaft besonders dort ändern, wo es natürlicherweise keine oder zumindest keine großen Raubfische gibt.

Massenversammlung in einem französischen Fluss, die Gründe dafür sind bislang unbekannt

Änderungen der Fischgemeinschaft traten beispielsweise für die Einzugsgebiete von Ebro und Po auf. Auch für England sind Einflüsse auf die Fischgemeinschaft beschrieben, allerdings eher befürchtet als nachgewiesen. Für Spanien wird ein langfristiger Wechsel der ökologischen Interaktionen beschrieben, bei denen Welse die Lebensgemeinschaft ändern, was sich wiederum auf sie selber auswirkt. Welse in Beständen, die weniger als 10 Jahre vor der Untersuchung in das Gewässer eingebracht wurden, ernährten sich von Fischen und wuchsen gut. In Gewässern mit Welsbeständen, die vor über 30 Jahren eingeführt wurden, waren die geeigneten Fisch-Beutegrößen weggefressen bzw deutlich dezimiert. Die Welse ernährten sich zunehmend von Krebsen und wuchsen schlechter. Es exisitieren mehrere Studien die einen hohen Anteil von Krebsen in der Nahrung beschreiben, wenn geeignete Beutefischgrößen fehlen. Welse können das Nahrungsnetz auch indirekt beeinflussen, wie z.B. das Fehlen von Wasservögeln.
Frühere Änderungen der Fischgemeinschaft durch den Einsatz von Welsen als eine Art der Biomanipulation (Herstellung des Gleichgewichts zwischen Raub und großen Friedfischen),  gelten heute als nicht bewiesener, fataler Irrglaube.
Ein Versuch zur Biomanipulation eines Sees mit Welsen zeigte jedoch, dass Cypriniden (und dazu gehört der größte Teil unserer heimischen Weissfische) gefressen werden, Bleie und insbesondere größere Fische aber geringe Anteile der Nahrung ausmachten.

Fazit

Der Wels ist der größte europäische Raubfisch, welcher seit Tausenden von Jahren fester Bestandteil unserer Flüsse und Seen ist. Ihm durch reines Menschenversagen einen schlechten Ruf zuzusprechen, hat dieses majestätische Tier nicht verdient!

Natürlich ist er auch nicht verantwortlich für die Veränderungen äusserer Faktoren die seine Population begünstigen. Das ist der Lauf der Natur, in denen sich der Mensch immer wieder fälschlicherweise als Kontrollorgan zwischenschalten muss!

Italienischer Wels im Fressrausch

Quellenangabe:

www.researchgate.net
www.dgf-magazin.de
de.wikipedia.org
www.unterwasser-fotos.com/ (Foto)
www.remimasson.com (Foto)
www.nature-vision.com/ (Stephan Höferer Privatarchiv - Foto)
Jozef Mihálik: Der Wels. (2. unveränderte Auflage)


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